Struktureffekte

Aus der Umgebung des Web-Business wirken Strukturen auf die Ökonomie, die in diesem Kontext quantifiziert werden. Die Technik des Webs offeriert dem Unternehmen positive Verstärkungen und offene Potenziale. Netzeffekte lassen die Verbindung zwischen den Teilnehmern einer Community für das Unternehmen arbeiten. Die einfache technische Anbindung macht die Verbundeffekte nutzbar, da die Welt und ihre Leistungen näher zusammenrücken. Der Kontaktbestand lässt sich leicht pflegen und führt zu einer einfachen und kostengünstigen Nutzung der Kundendatei. Die Struktureffekte ziehen steigende Grenzerträge nach sich. Jeder neue Abschluss, jede Bestellung, jeder Kundenkontakt ist kostengünstiger als der vorherige. Das Unternehmen wächst dynamisch, wenn es die Struktureffekte für sich identifiziert und in das Web-Business integriert.

In der Ökonomie für das Web-Business wird nach Aktionen gesucht, mit denen die Arbeit und das Wissen optimal zur Zielerreichung beitragen oder danach, wie die angebotenen Potenziale aus den Rahmenbedingungen ausgeschöpft werden können. In vielen Bereichen der traditionellen Ökonomie wird mit wohlbekannten Techniken, vertrauten Rahmenbedingungen und etablierten Unternehmensstrukturen operiert. Die Visualisierung der Möglichkeiten auf der Potenzialkurve ist der Bereich um den Wendepunkt. Er entspricht der Wachstums- und Reifephase des Lebenszyklus und der Ertragskurve der traditionellen Ökonomie.

 

Zeitung konventionell

Die erste Tageszeitung kam 1650 in Leipzig heraus. Seitdem wurden Nachrichten für Zeitungen von Redakteuren recherchiert, aufgeschrieben und von einem Verlag auf Papier gedruckt. Der Leser kaufte die Zeitungen und bezahlte direkt den Preis für das Produkt. Der Inhalt der Zeitungen wandelte sich, und zu den Nachrichten gesellte sich die Werbung, die nun zur Finanzierung der Zeitungsherstellung beiträgt. Der Teilmarkt der Zeitungen  ist alt und gesättigt. Hier gelten viele Voraussetzungen für die traditionellen ökonomischen Analysen und Planungen: der Markt ist gesättigt, es gibt viele Nachfragende, sie orientieren sich bei vielen Anbietern vornehmlich am Preis, die Informationen über Märkte und Techniken stehen allen Teilnehmern zur Verfügung, Rationalisierungen entscheiden über die Wettbewerbsfähigkeit, der Homo oeconomicus agiert, usw.

Die daraus abgeleiteten Aktionen, die wirtschaftlichen Modelle und die Strategien sind konventionell und auf den Erhalt von Strukturen ausgerichtet. Die Grenzerträge nehmen bis auf Null ab, die traditionelle Ökonomie ermittelt dort das Ertragsmaximum. Die Herstellung der Zeitung wurde optimiert, d. h. Kostenminimierung in bestehenden Strukturen.

In den letzten Jahrzehnten wurde die Ertragsquelle der Werbung forciert und immer mehr Werbepartner kauften Plätze und finanzierten so die Produktion der Zeitungen. Mittlerweile gibt es Zeitungen, die ihre Erlöse allein aus der Werbung generieren und bei denen der Inhalt nur das Beiwerk darstellt. Die Qualität der Inhalte ist gering, ökonomisch werden die Kosten auf einem neuen niedrigen Niveau der Inhalte minimiert.

Mit der konventionellen Nutzung des Webs lassen sich die Kosten der Herstellung weiter minimieren. Die Aufgaben werden teilweise ausgelagert, die Berichte der Redakteure gelangen schnell und einfach in das Blatt, der Druck kann auf günstige Standorte ausgelagert werden, die digitalen Inhalte lassen sich online erneut vermarkten.

Regionale Zeitungen entlassen ihre Redaktionen und kaufen die Inhalte von Wettbewerbern zu. Die Redaktion der „Westfälische Rundschau“ wurde im Jahr 2013 geschlossen, und die Zeitung existiert seitdem weiter als „Geisterzeitung“.

In der traditionellen Ökonomie der gesättigten Märkte ist eine Abhängigkeit der Erträge vom Output erkennbar. Die Erträge nehmen ab. Der Grenzertrag fällt von seinem Maximum bis auf Null. Ökonomische Strategien werden innerhalb der Strukturen gefunden.[1] Das Web unterstützt die konventionellen Arbeitsprozesse, beschleunigt sie oder lagert sie aus, um sie über das Web neu zu koordinieren. Das schafft den Unternehmen Rationalisierungsvorteile und definiert neue Kostenstrukturen.

Der Unternehmer soll mit den komparativen Vorteilen des Webs seine Prozesse verbessern oder gänzlich neu organisieren.[2] Innerhalb bestehender Märkte und Strukturen sollen Güter kostengünstiger hergestellt und vermarktet werden. Mit Ex post-Analysen aus etablierten Strukturen wird allenfalls ein Zustand konserviert, eine Antizipation der neuen Potenziale ist mit alten Versatzstücken unmöglich.

Eine erfolgreiche Strategie für das Web-Business antizipiert die zukünftigen Chancen und realisiert sie in ihren Geschäftsmodellen. Bei neuen Techniken und neuen Rahmenbedingungen ergibt sich die unternehmerische Möglichkeit, in der Wachstumsphase des Lebenszyklus einzusteigen. Das ist der Bereich vor dem ersten Wendepunkt, in dem die Potenzialkurve progressiv ansteigt und der Skalenertrag zunimmt.[3] Hier liegen die erfolgversprechenden ökonomischen Chancen einer neuen Entwicklungslinie in der Zukunft.

Die Randbedingungen der Zukunft sind per definitionem neu, deshalb können die Lösungen für neue Herausforderungen nur mithilfe neuer Antworten gefunden werden. Mit Kreativität werden die neuen Potenziale aus Anforderungen und Bedürfnissen deduziert, die nun mit neuer Technik, Diensten, Kommunikationsformen und Know-how die Märkte durchdringen. Mit Kreativität entsteht ein belastbares Konstruktionsprinzip für das Web-Business, auf dem sich eine erfolgreiche Strategie aufbauen lässt.

Auf Basis des Webs sind neue Interpretationen möglich, die mit anderen Gütern die gleichen Bedürfnisse befriedigen wollen:

  • Unterhaltungsfilme werden nicht mehr gedreht, sondern von Amateuren auf Videoplattformen gestellt.
  • Freunde werden nicht mehr persönlich mit körperlicher Präsenz gesucht, sondern Kriterien auf einer Partnersuchplattform eingegeben.
  • Beratungen werden nicht mehr persönlich erbracht, sondern von einem Serviceportal heruntergeladen.
  • Das Vertrauen in den Verkäufer und die Haptik eines Produktes wird durch Rücksendemöglichkeiten ersetzt.
  • Die Bonität wird anonym durch ein Scoring Werbung ist kein Beiwerk mehr, sondern Hauptzweck der ökonomischen Betätigung.

 

Fallbeispiel Zeitung kreativ

Das Web hat die Entwicklung fortgeführt. Nachrichten, Informationen und Newsletter werden wie die Anzeigenblätter ausschließlich durch Werbung finanziert. Über das Netzwerk lassen sich die Inhalte einfach und teilweise kostenlos sammeln. Der Nutzer erhält die zuvor wertvollen Inhalte kostenlos, und das Geschäftsmodell wird indirekt von den Werbetreibenden finanziert.

Mit dem Online-Journalismus ist eine neue Branche mit neuen Berufsbildern entstanden. Zeitungen werden nicht mehr ausgesendet, sondern interaktiv gelesen und kommentiert. Damit werden sie auch nicht sequentiell gelesen, sondern exploriert. Die Web-Zeitung ist multimedial, sie kombiniert Bilder, Texte, Videos und Ton.

Die Leser wirken an der Erstellung der Zeitung online mit, diese Art der Interktion wird als Tablet-Journalismus bezeichnet. Der Pressekodex soll zwar auf das Web ausgedehnt werden, aber oft genug ist eine Trennung zwischen Werbung und Inhalt nicht erwünscht und der Text wird ebenso wie die Werbung „suchmaschinentauglich“ verquickt.

Durch den Web-Journalismus wurde ein Angebot geschaffen, dass sich mit dem Begriff „Zeitung“ nur unzureichend beschreiben lässt. Es entsteht vielmehr ein neuer Markt für Unterhaltungsprodukte, die ihren Ausgangspunkt bei der Übermittlung von Neuigkeiten haben.

Diese Vorgehensweise schreibt nicht die ökonomische Entwicklung als Ergebnis technischer Einsatzstrategien fort, sondern erarbeitet ökonomische Szenarien innerhalb struktureller Rahmenbedingungen. Diese kreative Vorgehensweise wird hier als präskriptiv bezeichnet.[4]

Struktureffekte im Web-Business sind wirtschaftlich messbar und eine Folge der neuen Märkte, Zielgruppen und Güter in den technischen Rahmenbedingungen. Sie spannen das Potenzial für die Web-Ökonomie auf. Wie in der Anfangsphase der heute konventionellen Ökonomie realisieren die Unternehmen Struktureffekte, die sinkende Grenzkosten nach sich ziehen.[5]

Bei den Skaleneffekten der konventionellen Ökonomie sollte von Größeneffekten gesprochen werden, denn bei diesem wirtschaftlichen Kalkül wird ein großer Investitions- und Fixkostenblock auf eine wachsende Absatzmenge verteilt. Damit sinken die Stückkosten. Der Effekt benötigt Kapital, das in der konventionellen Ökonomie seinen Platz in der Produktions- und Kostentheorie etabliert hat. Große Kraftwerke sind wirtschaftlicher als kleine. Erdgasleitungen brauchen viel Kapital bis der erste cbm Gas fließt. Große Ackerflächen benötigen große Maschinen. Große Handelsketten haben eine bessere Ausnutzung der Verkaufsflächen als kleine Händler. Große Dienstleister können ihre Infrastrukturkosten besser auf eine Vielzahl von Mitarbeitern umlegen.

Im Web ist dieser Effekt nicht zu beobachten. Kleine Banken können online die gleiche Leistung anbieten wie große. Kleine Spezialshops verdienen relativ auf die Güter bezogen so viel wie Umsatzriesen. Eine effiziente Software lässt sich für jeden Entwickler als App ebenso leicht verbreiten wie die Anwendung eines Software-Konzerns.

Aus der Web-Technik und indirekt auch aus den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen lassen sich neue Potenziale mit steigenden Skalenerträgen kreativ ableiten. Mit den technischen Möglichkeiten wandeln sich die Anforderungen der Märkte und neuer Wettbewerbsdruck entsteht. Das Web-Business fördert kreatives Unternehmertum in neuen Potenzialen, die typischerweise einer S-Kurve folgen oder dem abgeleiteten und oft gebrauchten Bild des Lebenszyklus.

Entlang der Kurve wachsen die Skalenerträge zunächst langsam, dann stürmisch, stagnieren und nehmen wieder ab, wenn das Potenzial erschöpft oder der Teilmarkt gesättigt ist. Die Potenzialdarstellung ist nicht als Linie zu interpretieren, sondern als Fläche der Erträge oder Wertschöpfungen. Mit jeder Absatzmenge, jedem Beitritt, jeder Geschäftsbeziehung steigen die angesammelten Erträge. Allerdings teilt sich jeder in diesem Markt tätige Unternehmer die Erträge mit seinen Wettbewerbern. Zu den Zielen der ökonomischen Betätigung gehört die Vergrößerung des eigenen Anteils im Potenzial eines Teilmarktes. Deshalb kommt mit jeder neuen Technik und neuen Randbedingungen eine Goldgräberstimmung auf, weil neue Potenziale zu verteilen sind – so auch im Web-Business.

Daraus resultieren Struktureffekte mit steigenden Skalenerträgen:

  • Netzeffekte
  • Lerneffekte
  • Bestandseffekte
  • Verbundeffekte

Im Web-Business fällt als erstes Beispiel, der Netzeffekt, ins Auge, der wegen der technischen Netzstruktur zu erwarten ist. Während eine Community etabliert wird, sind die Skalenerträge kleiner als Eins, der Output wächst langsam. Sobald die Vernetzung von den Teilnehmern akzeptiert und genutzt wird, steigt der Output (hier als Content oder Kommunikationsinhalte interpretiert) überproportional an. Mit Ausschöpfung des Potenzials fallen die Skalenerträge wieder ab.[6]

Werden Communitys oder jede andere Art der Vernetzung in das Web-Business integriert, führen Netzeffekte zu einer überproportionalen Verbesserung der Produktivität.[7] Unter Vernachlässigung dieses Charakteristikums beschränken sich unangepasste Anwendungen nur auf die linearen Effekte. Das Internet wird zu einem Sendemedium degradiert. Damit bleibt das wesentliche Potenzial ungenutzt und die Verwendung des Webs führt nur zu einer graduellen Verbesserung in den bestehenden Strukturen.

Die Rationalisierungsvorteile sollten auf jeden Fall genutzt werden, wie diese Beispiele zeigen:

  • Kostenvorteile einer vereinfachten Koordination werden umgesetzt, die schnelle Integration fremder Dienstleister oder Zulieferer führt zu einer höheren Effizienz beim Outsourcing.
  • Bessere Preisvergleiche im Einkauf senken die Kosten in der Beschaffung von Gütern.
  • Fixe Kosten werden variabilisiert, weil lediglich bei Bedarf das Ergebnis schnell zugekauft wird und eigene Infrastrukturen oder Personal abgebaut werden.

Es lassen sich noch mehr lineare Effekte herausarbeiten. Ihnen ist gemein, dass sie in der Ökonomik des Web-Business zwar über die Exponenten der Produktionsfunktion die Gewichte der Einsatzfaktoren verschieben (b wird größer in der Produktionsfunktion, siehe Illustrationsbox Kostenminimierung im Web-Business). Die Summe beider Effizienzparameter (a+b) bleibt jedoch Eins und damit kommt kein steigender Grenzertrag zustande, der Ertrag ist nur linear skalierbar.

Ein Web-Business mit Interaktion nutzt die Verbindungen zwischen den Teilnehmern und baut damit den Community-Gedanken aus. Jede Interaktion steigert den User-Generated-Content und damit den Wert einer Präsenz. Blogs, Foren oder Portale stabilisieren die Loyalität der Mitglieder und ziehen neue Teilnehmer an.[8] Die Ökonomie hat dafür schon im Zusammenhang mit anderen Netzwerken den Begriff der positiven externen Effekte geprägt. Die positiven externen Effekte sind für Web-Communitys typisch und führen zu Skalenfaktoren, die über Eins liegen.

 

Fallbeispiel Chefkoch

Die Kochcommunity chefkoch.de wurde im Jahr 1998 gegründet und hat sich zu Europas größtem Kochportal entwickelt. 1,5 Mio. angemeldete Nutzer haben rd. 250.000 Rezepte eingestellt, und die Community wird von 10 Mio. Teilnehmern monatlich besucht. (Stand 2014)

Der lineare Effekt lässt sich zumindest ungefähr an der Druckauflage von 250.000 ablesen. Die mehr als 30 Mio. Besuche weisen auf die sehr viel höhere Aktivität im Netzwerk der Community hin.

Selbst wenn die Anzahl der Nutzer nicht weiter steigen würde, birgt die Community ein ungenutztes Potenzial. Eine Erhöhung der Kontaktfrequenz lässt dennoch die Anzahl der Besuche zunehmend wachsen und steigert damit den Wert der Community als Werbeträger.

Abbildung Chefkoch.de in verschiedenen Medien

Der Netzeffekt stärkt mit seinen überproportionalen Wachstumspotenzialen jedes Unternehmen im Web-Business. Das ist besonders bei den Unternehmen, die im Schlepptau dieser positiven Externalitäten im Web gewachsen sind und ein Quasi-Monopol in ihrem Marktsegment besetzen, erkennbar. Bei Ebay, Google, Facebook, YouTube, LinkedIn, Wikipedia und weiteren Communitys staunt der unbedarfte Beobachter über das phänomenale Wachstum. Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass hinter jedem Unternehmenskonzept der Netzeffekt wirkt.

Auch innerhalb der Unternehmensbereiche lassen sich Netzeffekte positiv in Kostenreduktionen und Ertrag umsetzen. Jedes Tool aus der Werkzeugkiste[9] kann in den Möglichkeiten für Interaktion betrachtet und eingesetzt werden – und zwar nicht nur im großen Stil für das Gesamtunternehmen, sondern auch als Anhang zu einer Abteilung oder Funktion.

  • Der Kundensupport kann eine Community für die Anwender oder Kunden aufbauen, in der Interaktion gefördert wird.
  • Die Marktforschung befragt die Teilnehmer der eigenen Community und schickt keine Interviewer mehr herum oder betreibt umständlich Wettbewerbsbeobachtung.
  • In einem Unternehmensblog werden die neuesten Produkte angekündigt.
  • Testberichte werden auf der Website von Benutzern kommentiert.

Der Netzeffekt hat eine entscheidende Bedeutung für die Profitabilität des Web-Business.

Eine weitere wichtige Strukturwirkung ist der Lerneffekt. Jede technische Neuerung im Web erfordert den Aufbau und die Nutzung des Wissens. Know-how ist ein wichtiger Produktionsfaktor und ein Schlüssel zum Erfolg im Web-Business. Jede erfolgreiche Unternehmung zeugt von einem gezielten Know-how-Einsatz, häufig auch in einer Kombination mit dem Netzeffekt – Ebay, Wikipedia, YouTube, Kiva, Twitter, PayPal und weitere Communitys oder Plattformen. Für ihren Erfolg waren die Idee und das Know-how wichtiger als das Kapital.

Die Bedeutung der Lerneffekte für das Web-Business liegt auf der Hand, da das Wissen eine wichtige Rolle in der Entwicklung einer effizienten Strategie spielt. Das lässt sich leicht an jedem Teilprozess mit Methoden des Web-Controllings nachweisen, wenn die Messgrößen im Verlauf der Steigerung der Konversionen betrachtet werden.

 

Fallbeispiel Support Apple

Apple hat trotz seiner Größe als eines der wertvollsten Unternehmen der Welt einen überdurchschnittlich guten Support.

Die persönliche Beratung in einem Apple-Store ist eine ganz spezielle Variante im Vertriebskonzept von Apple. Der Besuch verursacht den größten Aufwand und verursacht die höchsten Kosten bei Apple. Deshalb lernt Apple in allen Ländern Mitarbeiter für den Telefonsupport an und hat so ein weitverzweigtes Netz von telefonischen Beratern.

Während des Telefonates werden die Anforderungen und Fragen entweder beantwortet oder vorgefertigte Textbausteine nehmen ihren Weg über E-Mail zu dem Kunden. Diese Standardantworten sind Ergebnisse des Lernprozesses im Unternehmen, mit dem die wichtigsten Informationen bereitgestellt werden. Die Beantwortungszeit wird reduziert.

Noch effizienter ist die Bereitstellung der Textbausteine im Rahmen eines Chats oder einer Supportseite mit FAQs. Der Einsatz von wertvoller Arbeitszeit für wiederkehrende Aufgaben wird reduziert. Der Lerneffekt über die Anfragen der Kunden wird in Kostenersparnis umgesetzt.

Eine weitere Vereinfachung erzielt Apple mit der Kundencommunity discussions.apple.com. Kunden beantworten die Fragen der anderen Teilnehmer und geben Anwendungsbeispiele für Hard- und Software. Bei Bedarf schaltet sich ein Apple-Mitarbeiter hinzu und gibt weitere Hilfen. So profitieren sowohl Apple als auch der Kunde und der Support ist entlastet.

Im ersten Teilprozess[10] des Web-Marketings steigt die Lernkurve zunächst steil an, wenn nach anfänglicher Orientierungsphase mit geringerem Aufwand Besucher auf die Website gezogen werden. Die angebotenen Marketingoptionen wurden daraufhin geprüft, wie gut sie die Zielgruppe segmentieren und welche Kosten die Besucherakquisition verursacht. Mit steigender Besucherzahl nimmt der Bekanntheitsgrad zu und das sogenannte Brand-Marketing erleichtert die Werbung. Der Web-Unternehmer kennt die saisonalen Effekte und vermeidet ausufernden Marketingaufwand in Perioden mit schwacher Nachfrage.

Die Suchbegriffe kristallisieren sich heraus, mit denen die Interessenten das Web nach Angeboten durchforsten. Aus dem Datenbestand lassen sich die Potenziale für die Suchbegriffe ermitteln.

Jeder weitere Teilprozess steigert seine Effizienz ebenfalls entlang einer Lernkurve. Bei den Zahlungen werden die Kosten mit dem Volumen sinken. Das liegt nicht nur an einem möglichen Rabatt für hohe Volumina bei den Dienstleistern, sondern auch an der besseren Erfahrung mit den Kunden. Wiederkehrende Käufer dürfen per Überweisung zahlen und verursachen für den Anbieter geringere Kosten als bei der Abwicklung über Kreditkarte. Stammkunden zahlen möglicherweise per Vorkasse und reduzieren damit die Zinskosten und Bankgebühren. Die Bonitätsprüfung ist bei Neukunden relativ aufwändig und teuer. Bei wiederkehrenden Kunden kann sie entfallen. In gefestigten Geschäftsbeziehungen können ein Kundenkonto eingerichtet und monatsweise Abbuchungen verabredet werden, die deutlich kostengünstiger sind als Zahlungen bei jedem Liefervorgang.

In der Infrastruktur des Web-Business wird das Wissen als Einsatzfaktor genutzt. Dieser Lerneffekt vergrößert den Anteil mit der relativ höheren Effizienz als die Arbeit in der Herstellung von Gütern. Zugekaufte Dienstleistungen, die zuvor selbst erbracht wurden, substituieren eigene Arbeit durch fremde Arbeitsergebnisse. Im weiteren Sinne ist das eine Folge des Lerneffekts, denn zunächst muss der Arbeitsprozess gelernt werden, bevor er ausgelagert werden kann (Outsourcing). Ohne eine vergleichbare Größe in der eigenen Kostenrechnung kann die Effizienz der zugekauften Leistung nicht beurteilt werden. Die Kommunikation im Web erleichtert mit den einfachen Schnittstellen die Integration der Fremdleistung in die eigene Herstellung.

Ein entscheidender Effekt für den langfristigen Erfolg im Web-Business ist der Bestandseffekt. Darüber hinaus ist er für dessen Ökonomik besonders interessant. Er kommt in einer Rückwärtsbewegung von der Lebenszyklus-/Absatzkurve zur Potenzialkurve zustande. Hinter jedem Kunden, jedem Community-Beitrag, jeder Anmeldung, jedem Güterabsatz steht ein individueller Kontakt. Diese Kontakte summieren sich zu einem Bestand. Dieser ist das eigene Potenzial im Web-Business.[11] Mit jedem Wachstumsschritt wird ein Teil der neuen Interessenten zu registrierten Mitgliedern oder Stammkunden, die eine perfekte Segmentierung der Zielgruppe ausmachen. Im geschützten Teilmarkt der eigenen Zielgruppe kann der Unternehmer ungehindert wachsen und die hohen Skalenerträge in seinen eigenen ökonomischen Vorteil umsetzen.[12] 

Der Bestandseffekt in den Worten der oben beschriebenen Potenzialausnutzung schafft das eigene Potenzial, in dem der Erzeuger Monopolist ist. Um aber in den Genuss der Monopolrente zu kommen, muss sich das Potenzial in der permanenten Arbeit tatsächlich akkumulieren, also Kundendaten speichern, Interessentenkontakte qualifizieren, Beziehungen pflegen. Das Customer-Relationship-Management (CRM) im Web-Business hat deshalb eine entscheidende Bedeutung für den ökonomischen Erfolg.

Verbundeffekte sind geradezu typisch für das Web-Business. Die Verbindungen zwischen Anbietern zum Nutzen des Käufers sind vielfältig. 

Der Verbundeffekt wird mit den Methoden des Webs besonders im Marketing und Vertrieb gefördert. Hier werden die Zielgruppen geteilt, die mit unterschiedlichen Angeboten angesprochen werden. Das wird umso einfacher, je geringer die Überschneidungen in den Angeboten sind. Der Verbund ist bei komplementären Gütern besonders effizient. Eine Immobilienplattform arbeitet gut mit einem Umzugsdienst zusammen, ein Anbieter von Autozubehör will die gleiche Zielgruppe erreichen wie ein Autoversicherer, die Community der Pilzfreunde ist ein gutes Ziel für einen Züchter von Speisepilzen.

 

Fallbeispiel Job.de

Der Arbeitsmarkt eignet sich gut für die wechselseitige Ergänzung von Leistungen für die Zielgruppen der Arbeitsanbieter und – nachfragenden. Mit Hilfe des Verbundeffekts werden die Marketingkosten niedrig gehalten, die bei Beratern und Vermittlern einen erheblichen Teil der Akquisitionskosten ausmachen.

Mehr als 90% der Marktteilnehmer informieren sich bei der Stellen- und Bewerbersuche im Web. Job.de hat ein weit verzweigtes Netzwerk von Kooperationspartnern aufgebaut, die im Verbund werben oder andere Dienstleistungen für den Arbeitsmarkt anbieten: Rechtsbeistand, Software, Bewertungen und Tests, Literatur, Versicherungen, Karriereberatungen. „Relocation“, Verbände und viele andere Partner bieten im Verbund ihre Leistungen für den Arbeitsmarkt an.

Abbildung Verbundpartner Job.de | Web-Business

Abbildung Verbundpartner Job.de

Die Plattform Job.de hat das Geschäftsmodell des Verbundmarketings perfektioniert. Sie erhebt für die Vermittlungsleistungen und die Präsenz auf der Plattform Gebühren.

Mehrere 100.000 Stellenangebote und Lebensläufe von Suchenden halten die Frequenz von mehr als 3 Mio. Besuchern pro Monat hoch (Mediadaten 2011). Newsletter und E-Mails werden regelmäßig versendet.

Die Verbundeffekte im Netzwerk und die Ergänzung von Angeboten für beide Seiten des Arbeitsmarktes sind wesentliche Vorteilsargumente.

Die Synergien aus den Verbundeffekten sind im Web-Business überall zu beobachten: 

  • Das Cloud Computing teilt Rechnerkapazitäten im Verbund auf.
  • Newsletter und E-Mails werden über einen gemeinsamen Dienst verschickt.
  • Bonitätsauskünfte werden gesammelt und ausgewertet.
  • Bonusprogramme sammeln über viele Unternehmen die Punkte ein.
  • Bewertungssysteme verwalten die Urteile der Nutzer.
  • Der Verkauf von Tablet-Computern wird mit dem Vertrag für den Webzugang über Funknetze verknüpft.
  • Callcenter arbeiten für mehrere Firmen.

Für das Web-Business lassen sich viele Leistungen im Verbund mit anderen Unternehmen kostengünstig nutzen.

 

[1] Die Ökonomie ist von einer Struktur umgeben, die sich in ökonomischen Größen niederschlägt. Das ist zum Beispiel die gesellschaftliche Struktur, die in einer Demokratie oder einem Sozialismus unterschiedliche Wirtschaften entstehen lässt. Die Bildung und Ethik der Bevölkerung hat massive Auswirkungen auf die ökonomische Struktur. Die Art der Technik hat ökonomische Effekte. Wissenschaft, Geografie, Geologie, Krieg, Korruption, Tradition, Regierung sind Rahmenbedingungen der Ökonomie. Die Ökonomie quantifiziert die Ergebnisse von Aktionen, die in den Rahmen der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung eingefasst sind. Mit dieser Interpretation erhält die Ökonomie als Teilbereich der Sozialwissenschaften Strukturen aus der umgebenden Technik, die teilweise mit mathematischen Mitteln quantifiziert werden.

Rahmenbedingungen

[2] Siehe dazu die Ausführungen zum Business Reenginering (vgl. Hammer, Champy 2003: o. S.).

[3] Verändert sich die Skalenelastizität mit dem Produktionsniveau nicht, wird die Produktionsfunktion als homogen bezeichnet. Der Wert der Skalenelastizität ist der Homogenitätsgrad. Je nachdem, ob der Homogenitätsgrad größer, gleich oder kleiner Eins ist, entstehen zunehmende, konstante oder abnehmende Skalenerträge. Das lässt sich anschaulich an der Potenzialkurve ablesen, an der vor dem Wendepunkt steigende Skalenerträge und nur im Wendepunkt (entsprechend dem Scheitel des Lebenszyklus) konstante Skalenerträge gemessen werden.

[4] Die Gestaltung der Ökonomie wurde bereits in der Anpassung an die gesellschaftlichen Randbedingungen als präskriptiv diskutiert. Hier wird das Verständnis modifiziert, indem die Ökonomie sich an die Zwischenstufe der technischen Randbedingungen anpasst (vgl. Wilke 2011: S. 185).

[5] Skaleneffekt ist eine Rückübersetzung aus den Economies of Scale, die eigentlich die Kostendegression mit steigender Menge und damit besserer Ausnutzung der Fixkosten beschreiben. Dieser Effekt tritt eher beim klassischen Ertragsgesetz auf, wenn der Fixkostenblock durch eine größer werdende Ausbringungsmenge dividiert wird.

[6] Auf der Potenzialkurve lässt sich zwar noch immer eine Steigerung beobachten, aber der Lebenszyklus hat seinen Zenit überschritten und die Skalenerträge fallen.

[7] Struktureffekte

[8] Netzwerke (Virtuelle Communitys)

[9] Aufbau einer Webpräsenz

[10] Struktur des Web-Business

[11] Um im formalen Bild zu bleiben: Mit jedem neuen Schritt auf der Absatz-/Lebenszykluskurve wächst das Integral unter der Kurve – das Potenzial.

[12] Siehe dazu das Fallbeispiel Stammkundenpflege.